ZEISS Hightech-Campus Jena: Architektur im Spannungsfeld von Topografie, Technologie und Transparenz
- bt3998
- 6. Aug.
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Mit dem neuen Hightech-Standort in Jena schreibt ZEISS ein bedeutendes Kapitel architektonischer Industriegeschichte, das die Grenzen zwischen Produktion, Forschung und Büroarbeit auflöst. Konzipiert vom Architekturbüro Nething, entsteht auf rund 118.000 Quadratmetern bis Ende 2026 ein Gebäudeensemble für rund 3.300 Mitarbeiter, das die funktionalen Anforderungen eines globalen Technologiekonzerns mit den komplexen Gegebenheiten eines topografisch anspruchsvollen Areals verschmilzt.

Die Architektur antwortet auf die natürliche Höhendifferenz des Grundstücks von rund 20 Metern mit einem gestuften Konzept: Zwei massive Sockelgeschosse nehmen die großflächigen Produktionsbereiche auf, darüber erheben sich fünf schlankere Baukörper, die wie Finger einer offenen Hand über das Gelände in Richtung Stadt reichen. Verbunden werden sie über einen langgestreckten Atriumbau, der nicht nur strukturelles, sondern auch soziales Rückgrat des Komplexes bildet. Die lichtdurchfluteten Atrien dienen als kommunikative Knotenpunkte und visuelle Schnittstellen der unterschiedlichen Abteilungen und Disziplinen. Diese Offenheit ist konzeptionell gewollt und ästhetisch präzise artikuliert. Großzügige Verglasungen, durchlässige Übergänge und ein fein austariertes Spiel mit Einschnitten, Höfen und Sichtachsen ermöglichen vielfältige räumliche Bezüge. Die Grenzen zwischen Innen und Außen, zwischen Arbeit und Austausch, verschwimmen damit.

Formal wie inhaltlich knüpft der Entwurf an ein ikonisches Bild der ZEISS-Welt an: das
Prisma. Als zentrales Element der Optik steht es hier sinnbildlich für die Fähigkeit, Licht – und im übertragenen Sinne: Wissen, Kommunikation, Innovation – zu brechen, zu lenken und neu zu bündeln. Facettierte Fassaden und dynamisch geschnittene Volumen interpretieren diese Metapher architektonisch. So entsteht ein gestalterischer Ausdruck, der trotz industrieller Größe Maßstäblichkeit wahrt und sich in die kleinteilige Struktur Jenas einfügt.
Die neue Carl-Zeiss-Promenade, die auf dem höchsten Punkt des Areals zum Haupteingang führt, markiert den Zugang zum Ensemble und gleichzeitig eine bewusste Öffnung zur Stadt. Dieser neue Stadtbaustein zeigt sich nicht als abgeschotteter Technikcampus, sondern als Versprechen auf die Zukunft, das über seine bauliche Manifestation hinausweist.